Streulicht
Der Roman „Streulicht“ erzählt von einer Ich-Erzählerin, die durchs Raster fällt, die sich kulturellen Identitätsfragen stellt, er erzählt von Alltagsrassismus, dem Scheitern des Bildungssystems, von Einsamkeit, Resignation und Unzugehörigkeit.
Deniz Ohdes Milieustudie beschreibt dabei eine Arbeiter-Familie, die in präkeren Verhältnissen neben einem Industriepark in Deutschland lebt. Die Leser:innen begleiten die Erzählerinnen durch ihre Kindheitserinnerungen, die geprägt sind von zerrütteten Familienverhältnissen und Perspektivlosigkeit.
Deniz Ohde schreibt mit unglaublicher Sprachgewalt über alltägliche Begebenheiten, die nah zu ihren autobiografischen Erfahrungen zu sein scheinen. Sensibel schildert sie das Schicksal der namenlosen Ich-Erzählerin und lässt auf die Figuren schauen, ohne diese zu verurteilen. Ich konnte mich auf Grund ähnlicher Erfahrungen als Deutsch-Türkin mit vielem beschriebenen identifizieren, dieser Roman traf mich mit unerwarteter Wucht und tat weh. Das Leseerlebnis war irgendwie eine Dauerqual, manchmal hätte ich mir mehr Leichtigkeit gewünscht– andererseits haben manche Biografien diese Leichtigkeit halt weniger. Trotzdem hat mir die Tiefe mancher Charaktere etwas gefehlt, zu oft ging es um fiese Lehrer:innen, ausgrenzende Kommilitone:innen, viele der Neben-Charaktere wirkten auf mich wie eine funktionale Hülle und nicht authentisch genug.
Ich bin gespannt auf noch folgende Texte, und wie die Autorin dieses Debütromans sich von ihrem realen Ich loslösen kann. Wer vielleicht aus anderen Verhältnissen kommt und über seinen oder ihren Tellerrand hinausschauen möchte, sollte „Streulicht“ unbedingt gelesen haben.