Ein simpler Eingriff

“Ein simpler Eingriff”, geschrieben von Yael Inokai und nominiert für den deutschen Buchpreis 2022 erzählt die Geschichte dreier Frauen, die auf unterschiedliche Weise durch den Horror des historischen Umgangs mit der weiblichen Psyche verbunden sind.

Der Roman spielt in einem Krankenhaus, in dem Patientinnen von ihrer Wut und Hysterie befreit werden sollen. Dieser Eingriff wird auch von der Protagonistin, die dort als Krankenpflegerin beteiligt ist, im Laufe des Romans immer mehr hinterfragt. Die Lesenden begleiten sie durch ein Stück ihrer Geschichte, durch ihren Alltag in der Klinik und ihr Zusammenleben mit den anderen Pflegenden, Patientinnen und Ärzten.

Das risikoreiche Ausradieren ungewollter Verhaltensweisen durch einen ethisch nicht weiter hinterfragten Eingriff am Gehirn ist ein historisch so spannendes Thema, dass ich mir dazu mehr Tiefgang gewünscht hätte, mehr konkrete Informationen zu dem medizinischen Eingriff, den uns die Protagonistin eigentlich hätte gewähren können. So habe ich nach der Lektüre viel selber gegoogelt und werde mich auch in den nächsten Tagen mehr mit dem Thema Lobotomie auseinandersetzen. Das Buch selber stößt diese Gedanken nur an, denn vieles bleibt unkonkret, wie auch Erzählzeit und -ort. Zudem verändert sich das erwartete Hauptthema des Romans im Laufe der Geschichte hin zu einer queeren Liebeserzählung, die mich zwar sehr berührt hat, aber aus meiner Sicht hätte besser eingebettet sein können. Mit mehr Länge als den tatsächlichen 190 Seiten wäre das vermutlich möglich gewesen.

Yael Inokais Sprache ist sehr schlicht, unaufdringlich und gleichzeitig ergreifend. Themen wie Queerfeindlichkeit, gesellschaftliche Normen und die Rolle der Frau werden wie nebenbei erwähnt bleiben dann hängen. Das Buch konnte mich so fesseln, dass ich es an einem Stück gehört habe, was auch der wunderbaren Stimme von Lisa Hrdina lag, die diesen Roman als Hörbuch eingesprochen hat. Abschließend lässt sich sagen– “Ein simpler Eingriff” hat mir gut gefallen, es hätte aber ruhig von allem ein bisschen mehr sein können.

* Vielen lieben Dank an @netgalleyde und @hoerbuchhamburg für das Bereitstellen eines Rezensionsexemplares!

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