Lügen über meine Mutter
„Lügen über meine Mutter“, geschrieben von Daniela Dröscher und meiner Meinung nach zurecht auf der Shortlist des deutschen Buchpreises 2022 handelt vom Aufwachsen der jungen Ich-Erzählerin in einer klassisch patriachalen Familie im Westdeutschland der 80er Jahre.
Dieses Kammerspiel beleuchtet eine toxische Familiengeschichte, deren in subtile Gewalt getränkte Strukturen zum Untergang der Familie führt, was der Vater am Übergewicht der Mutter begründet sieht.
Gleichzeitig erzählt die Geschichte aber auch von Selbstbestimmung, davon seinen Platz einzunehmen, von Verantwortung und von Schuld.
Daniela Dröschers Sprache ist wortgewaltig und doch zart- sehr sensibel schildert sie die Begebenheiten aus der Sicht der 7-jährigen Ich-Erzählerin. Dieses Unterfangen finde ich sprachlich sehr interessant und auch weitesgehend gut gelungen, auch wenn ich einige Stellen als etwas unsauber gearbeitet wahrgenommen habe. Teilweise verschwimmen die sprachlichen Grenzen zwischen dem jetzt und den Erzählungen der deutlich jüngeren Erzählerin etwas, zumal ich mir auch bei der Wortwahl an einigen Stellen nicht sicher war, ob ein Kind diese Wörter so aufgegriffen und in Erinnerung behalten hätte.
Trotz dessen und der für meinen Geschmack etwas zu ausgedehnten Länge des Romans, der einen schließlich auch sehr wütend und verletzt hinterlässt, hat Daniela Dröscher mit ihren nuancierten Figuren ein tiefes Mitgefühl in mir geweckt. Das Miterleben dieses ermüdenden Kampfes des Alltags der Protagonistin, ihrer Mutter und der restlichen Familie macht den Roman für mich definitiv lesenswert.
*Ich bedanke mich beim KiWi Verlag für das Zusenden dieses Rezensionsexemplars!