Faserland
Gerade beendet: “Faserland” von Christian Kracht, ein kurzer Roman, der durch das Deutschland der 90er Jahre führt. Darin zeichnet Kracht eine Karikatur einer sich selbstgefälligen und gleichzeitig -bemitleidenden Gesellschaft, dem Habitus eines neureichen Erwachsenen auf der Suche nach- ja nach was eigentlich?
Der Hauptcharakter, den wir auf diese Reise durch die Republik begleiten, strotzt nicht gerade vor Sympathie. Ihn macht ein großes Überlegenheitsgefühl aus, das verpackt ist in zynische kleine Kommentare, die mich teils auch wirklich zum Lachen gebracht haben. Während er auf der Suche nach sich selbst zu sein scheint, stets mit einem Drink und einer Zigarette zur Hand, schaut er herablassend auf Leute aus dem Dienstleistungssektor, drückt zynische Sprüche, auch über seine Freunde, die er auf dieser Reise besucht und wieder verlässt und geht einem dabei tierisch auf die Nerven. Diese Ablehnung sollte man aber meiner Meinung nach nicht mit der Meinung zu dem Roman gleichsetzen. Dieser hat mit seinem Schreibstil und Zynismus aktuellere Literatur stark geprägt.
Mir stellt sich die Frage, wie gut die gezeichnete Momentaufnahme mit ihren popkulturellen Referenzen, den kritisch zu betrachtenden Ansichten über Frauen, soziale Schichten, Homosexuelle… altern kann. Natürlich muss man betrachten, dass nicht Kracht gerade seine Meinung herausposaunt, sondern einen unliebsamen Charakter erschaffen hat, der eben dies tut, mir stellt sich nur die Frage, wie sehr man manche Narrative noch reproduzieren muss. Auch einige Witze lesen sich nun nur noch mit einem schwachen Schmunzeln, da das Sylt-Thema und Witze über individuelle Berliner Girls irgendwie langsam auserzählt sind? Aber alle anderen kamen halt auch erst nach Kracht. Man kann ihm und diesem Buch seine Bedeutsamkeit also keinesfalls absprechen.